Phasmiden FAQs

Grobe Benamung:

In Deutschland werden die Phasmiden gerne in Stabschrecken, Gespenstschrecken und Wandelnde Blätter eingeteilt. Wichtig hierbei, nicht StabHEUschrecke oder GespenstHEUschrecke. Phasmiden gehören nicht zu den Springschrecken. Leider gibt es Arten in Haltung, die sich nicht eindeutig einer der Gruppen zuweisen lassen. Ist z.B. Diapherodes gigantea eine Stabschrecke oder eine Gespenstschrecke? Was sind die eindeutigen Merkmale für die Einteilung in diese Gruppen? Im Englischen gibt es z.B. nur die triviale Einteilung in stick insects und walking leaves. Da ist es schon einfacher, seine Schätzchen einzuteilen. Aber grundsätzlich ist auf keinen Fall falsch, wenn man sie hierzulande Phasmiden nennt. Da ist man immer auf der sicheren Seite.

Trivialnamen:

Leider ist es so, da es in Deutschland keine Phasmiden gibt, gibt es auch keine offiziellen eindeutigen deutschen Namen. Man muss sich also an die lateinisierten wissenschaftlichen Namen halten, um die Arten sauber trennen zu können. Die deutschen Trivialnamen wurden sich von einigen Leute ausgedacht, um es sich leichter zu machen. Diese sind aber nicht immer eindeutig. So gibt es viele verschiedene Arten, die trivial Dornschrecke heißen. Keiner weiß genau, was damit gemeint ist. Ein weiteres Beispiel sind die vielen Namen von Peruphasma schultei. Da kommen so Namen zustande wie „Pfefferschrecke“, „Samtschrecke“, „Peruschrecke“ oder Kombinationen dieser Namen. Wenn man die wissenschaftlichen Namen nicht verwenden möchte, kann man ja noch auf die PSG (Phasmid Study Group) oder CLP (Culture List Phasma) Nummern zurückgreifen. Die sind auch eindeutig, wobei die CLP Nummer noch besser ist, da sie bis auf Fundortebene runter geht.

Ein sehr guter Link zu einer Liste aller aktuell und jemals in Haltung befindlicher Phasmidenarten mit allen bekannten Daten zu der Art und den dazugehörigen PSG- und CLP-Nummern (mit verschiedenen Filterfunktionen) gibt es hier: http://www.phasmatodea.com/phasmatodea-cultures

Artmerkmale:

Faustregel: Farbe und Größe sind keine Artmerkmale. Das bedeutet, nur weil ein Tier nicht die übliche Farbe für seine Art hat oder größer oder kleiner ist, als es für diese Art üblich ist, gerhört es dennoch zu der Art. Gerade die Größe ist individuell, genau wie bei anderen Tieren und auch beim Menschen. Keiner würde annehmen, dass große Menschen einer anderen Art angehören, als kleinere. Und jeder hat schon mal gelbe Phyllium giganteum oder gelbe Heteropteryx dilatata gesehen (wenn auch nur auf Bildern). Auch hier sind das individuelle Merkmale. Es gibt Arten, bei denen solche andersfarbigen Tiere häufiger auftreten als bei anderen Arten. So sind z.B. von Phyllium jacobsoni keine nicht grünen Tiere bekannt, während es sie bei Phyllium tobeloense in großer Zahl vorkommen. Auch können bei einigen Arten solche „Fehlfarben“ durch Haltungsbedingungen, wie z.B. Helligkeit und speziellen UV-Lampen, und durch die Terrariumeinrichtung begünstigt werden. Diese sind dann aber meist nicht von Dauer. Oft verschwinden diese Farben, solbald die Haltungsbedingungen sich wieder ändern. Ein Beispiel dafür sind grüne Sungaya inexpectata. Diese vermehrt grün, wenn sie sehr hell mit speziellen Tageslichtlampen (mit dem richtigen UVA und UVB Anteil) gehalten werden. Lässt man die Lampe allerdings wieder weg, verlieren sie nach kurzer Zeit ihre grüne Farbe. Auch werden gerade bei der Bestimmung von Phylliums oft die Coxen-Farben herangezogen. Ob das immer so richtig ist, wird sich noch zeigen. Vor zwei Jahren ist eine Fundortvariante von Heteropteryx dilatata mit schwarzen Coxen aufgetaucht. Üblicherweise hat diese Art braune bis rote Coxen. Nun wird untersucht, wie eng die entsprechenden Fundortvarianten miteinander verwandt sind. Sollte sich herausstellen, dass sie trotz der unterschiedlichen Coxen-Farben der gleichen Art angehören, kann bezweifelt werden, dass die Coxen-Farben bei den Phylliums eindeutige Artmerkmale sind. Üblicherweise sind Artmerkmale Position und Anzahl von Dornen oder Warzen oder anderen Erhebungen oder Vertiefungen auf den Körpern, die sich über die Generationen hinweg vererben. Die Größe und Länge von beispielsweise Dornen spielt dabei keine Rolle, nur die Anzahl und Position. Aber auch hier gibt es Arten, die hier abweichen. So gibt es eine Fundortvariante (aus Santubong) von Epidares sp., die als Y-Spinys bezeichnet werden, da bei ihnen einige Dornen sich Y-artig teilen. Problematisch daran ist, dass nur etwa 70% der Tiere diese Y-artigen Dornen aufweisen, der Rest ist normaal bedornt. Eine andere Fundortvariante von Epidares sp. (aus Bako) haben die Männchen üblicherweise 2 Dornen auf den ersten Hinterleibssegmenten. Auch hier treten vereinzelt Tierer auf, denen diese beiden Dornen gänzlich fehlen oder noch verrückter, die nur eine Dorne dort haben. Allerdings nicht mittig, wie man annhemen sollte, sondern rechts oder links, an einer der Stellen, an der sonst bei den meisten Männchen die Dornen sitzen. Warum das so ist und was es damit auf sich hat ist noch nicht geklärt.

Der Unterschied zwischen Zucht und Haltung:

Die Zucht hat zum Ziel, durch gezielte Verpaarung oder andere geeignete Mittel, genetische Merkmale zu reduzieren oder zu verstärken. Die Haltung ist die Pflege und das Aufziehen von z.B. Phasmiden. Daher ist zu sagen, dass wir alle keine Züchter sind, sondern eher Phasmidenhalter. Die Zucht hat zum Ziel, durch gezielte Verpaarung oder andere geeignete Mittel, genetische Merkmale zu reduzieren oder zu verstärken. Die Haltung ist die Pflege und das Aufziehen von z.B. Phasmiden. Daher ist zu sagen, dass wir alle keine Züchter sind, sondern eher Phasmidenhalter.

Vergesellschaftung von Phasmiden:

Der Theorie nach kann man Arten vergesellschaften, die ähnliche Bedingungen und gleiches Futter benötigen und nicht zu eng miteinander verwandt sind, um Hybridisierungen zu vermeiden. Nun ist es aber so, dass Phasmiden in aller Regel in ihren Habitaten bestimmte Nischen besetzen. D.h., dass kaum zwei oder mehr Arten von Phasmiden an der gleichen Stelle vorkommen. Es gibt also keine natürliche Vergesellschaftung. Daher ist eine erzwungene Vergesellschaftung immer ein Kompromiss für mindestens eine der Arten. Entweder man Vergesellschaftet Arten mit derselben Herkunft, dann kann man nur für jeweils eine der Arten die perfekten Bedingungen herstellen, für die andere Art sind es nur ähnliche Bedingungen. Möchte ich z.B. eine bodenlebende Art und eine Baumkrone bewohnende Art aus Tawau Vergesellschaften, kann ich nur für eine von beiden die 100%igen Bedingungen einstellen, oder ein Kompromiss schließen, wobei beide Arten dann nicht korrekt gehalten werden. Möchte ich z.B. zwei bodenlebende Arten vergesellschaften, kommen diese mit Sicherheit aus unterschiedlichen Teilen der Welt. Man würde also beispielsweise eine philippinische Art mit einer Art aus Borneo vergesellschaften. Die Bedingungen lassen sich sicher gut für beide einstellen. Aber man vermischt hier Arten aus unterschiedlichen Fundorten. Zumal viele Arten, die gleich leben sich auch sehr ähnlich sind, und sich als Nymphen kaum auseinanderhalten lassen. Ein Alptraum für die Überwachung der Haltung und für eventuelle Abgaben an andere Halter. Zudem sind die meisten Phasmiden eher Einzelgänger oder treten paarweise auf. Nur wenige leben auch in der Natur in Gruppen. Daher ist eine Haltung nach Arten und Fundorten getrennt gut, da sich somit auch die Zahl der Individuen in einem Terra reduziert. Ich persönlich rate von Vergesellschaftung immer ab, da sie nicht den Bedürfnissen der Tiere entgegenkommt. Und die Haltung in Gefangenschaft ist schon unschön genug. Da muss man es nicht noch weiter verschärfen.

Überwachte Haltung:

Aus meiner Sicht ist es wichtig, seine Phasmidenhaltung gut zu überwachen. Dabei ist gemeint, dass man immer darüber im Bilde sein sollte, in welchem Terrarium, wie viele Tiere unterwegs sind und wie die Geschlechtsverteilung und demografische Verteilung ist. Sollte es hier zu Abweichungen kommen, kann es sein, dass die Haltungsbedingungen nicht stimmen, oder etwas mit dem Futter ist. Mindestens beim regelmäßigen Futterwechsel ist eine kleine Volkszählung angebracht. So fällt schnell auf, wenn etwas nicht stimmt. Zudem ist es auch wichtig, die Terrarien nicht zu voll werden zu lassen. Wie schon erwähnt, ist Gruppenhaltung nur für wenige Arten zu empfehlen. Wenn die Besatzdichte im Terrarium zu groß wird, kann es passieren, dass sich die Tiere gegenseitig anfressen, die Fühler oder Tarsen oder ganze Beine abbeißen. Am Ende hat man sehr viele Tiere, aber alle kaputt. Daher ist es wichtig, regelmäßig die Besatzdichte zu reduzieren, wenn es mit der Vermehrung gut läuft. Das kann man z.B. über Verkauf oder Verschenken von Tieren und Eiern machen, oder durch die Vernichtung von Eiern (einfrieren). Ich persönlich haben für mich eine Faustformel. 4 adulte Paare + 15 Nymphen pro Art für die eigene Haltung, der Überschuss wird abgegeben. Damit fahre ich sehr gut.

Alternative Futterpflanzen:

Wenn man alternative Futterpflanzen verwenden möchte, und nicht weiß, ob sie auch akzeptiert werden gilt: einfach ausprobieren. Man kann die Tiere nicht mit der falschen Futterpflanze vergiften. Einfach die neue alternative Futterpflanze zusammen mit der gut akzeptierten Futterpflanze zusammen anbieten. Die Tiere werden auf jeden Fall mal probieren. Wenn man nach einigen Tagen deutliche Fraßspuren an der neuen Futterpflanze finden, weiß man, dass diese auch akzeptiert wird. Findet man aber nur kleine Bissspuren, wird die Pflanze wohl nicht geeignet sein. Viele Arten, gerade die sogenannten Brombeerfresser, sind polyphag und akzeptieren viele verschiedene Futterpflanzen.

Was ist zu bedenken, wenn ich Tiere einkaufe?

Viele haben anfangs Probleme mit neu gekauften Tieren. Das liegt nicht etwa an schlechtem Material oder etwa Unfähigkeit des Halters. Vielmehr ist es so, dass die Tiere Stress auf dem Versandweg haben und für ein bis zwei Tage, manchmal mehr, nicht optimal versorgt sind. Gerade der Wechsel zwischen Tag und Nacht und eine gute Belüftung fehlt. Dann kommt noch dazu, dass das neue Zuhause der Tiere fast immer nicht dem alten entspricht. Das betrifft praktisch alle Parameter (Luftfeuchte, Temperatur, Licht, Größe, Luftwechsel usw.) Auch die Qualität der Futterpflanzen wird abweichen. Und dazu kommen noch Einflüsse, die man kaum ändern kann. Nicht nur die reine Luftfeuchte und Temperatur sind wichtig, sondern die Entwicklung dieser Parameter über den Tag hinweg. Man wird es nicht schaffen, exakt die Bedingungen und deren Verläufe über den tag hinweg genau so einzustellen, wie es bei dem ursprünglichen Halter ist. Daher ist es nur logisch, dass man immer kleine Ausfälle hat, wenn man Tiere von einem anderen Halter bekommt. Daher ist es zu empfehlen, dass man immer ein paar Tiere mehr ordert, als man eigentlich möchte, um diese Eingewöhnungsausfälle zu kompensieren.

Bodengrund:

Die Wahl des Bodengrundes hängt davon ab, wo die Art in der Natur lebt und wie man die Luftfeuchte im Terrarium herstellen möchte. Wenn man eine bodenlebende Art hat benötigt sie auf jeden Fall einen Bodengrund. Am besten ist immer echte Erde. Ich verwende ungedüngte Blumenerde. Kokoshumus geht sicher auch, ist aber nicht ganz so gut wie Erde. Wenn man es mit einer Baumkronen bewohnenden Art zu tun hat, ist der Bodengrund aus Sicht der Tiere egal. Man benötigt theoretisch gar keinen. Allerdings ist der richtige Bodengrund auch gut für die Herstellung der richtigen Luftfeuchte. Auch hier ist Erde sehr gut. Gerade ein große Schütthöhe ist von Vorteil. Die Erde speichert sehr gut Feuchtigkeit und gibt diese Stück für Stück wieder ab. So hat man eine guten Luftfeuchtepuffer. Mit z.B. Zewa oder Sand hat man beispielsweise das Problem, dass die Feuchtigkeit zu schnell und in zu kurzer Zeit wieder abgegeben wird und man dadurch oft große Sprünge bei der Luftfeuchte hat. Mal sehr feucht, dann plötzlich wieder zu trocken usw. Erde oder Kokoshumus puffern diese Extreme viel besser ab, gerade dann, wenn man eine große Substrathöhe und damit viel Erde oder Kokoshumus verwendet. Zu empfehlen ist die Verwendung einer Bodenpolizei, um Schimmel und die Ansammlung von Kot und Futterresten vorzubeugen. Ich verwende gerne kleine weiße tropische Asseln (Trichorhina tomentosa). Diese leben in der Erde und kommen nur selten an die Oberfläche, können nicht an Glasflächen oder anderen glatten Flächen hochlaufen und sind so klein, dass sie sich nicht über die noch lebenden Phasmideneier her machen. Zudem passt sich die Populationsstärke dieser Asseln dem Futterangebot an. Man hat also nie zu viele oder zu wenig Asseln, sondern immer genau so viele, wie benötigt werden, um den anfallenden Abfall zu entsorgen.

Inkubation der Eier:

Eier müssen in der Regel nicht speziell inkubiert werden. Wenn die Tiere ein ordentlich und richtig eingerichtetes Terrarium haben, werden sie die Eier an die Plätze im Terra ablegen, ankleben, eingraben oder einstechen, wo sie es für gut erachten. Die Tiere wissen am beste, was gut für ihre Eier ist. Daher kann man die Eier beruhigt dort belassen, wo das Phasmidenweibchen sie abgelegt hat. Es gibt Arten die ihre Eier mit großem Aufwand vergraben (z.B. Brockphasma spinifemoralis). Das machen die nicht ohne Grund. Bei Arten, die ihre Eier einfach unkontrolliert wegwerfen, ist es aus meiner Sicht egal, ob man sie einsammelt und inkubiert oder ob man sie liegen lässt.

Futterwechsel:

Ein Futterwechsel sollte nicht immer nur dann erfolgen, wenn die Tiere alles aufgefressen haben, sondern es kann auch nötig sein, vorher das Futter zu tauschen. Wie bei allen Schnittblumen gibt es auch bei dem Futter das Problem, dass die Schnittstelle im Wasser anfängt zu faulen. Es bilden sich Bakterien die mit der Zeit in die Pflanze wandern und dort von den Tieren aufgenommen werden können. Dass führt nicht selten zum Tod einzelner Tiere. Daher ist ein mindestens wöchentlicher Wechsel, egal ob noch Blätter dran sind, zu empfehlen. Ich füttere immer entsprechend der Art und der Besatzdichte nur so viel bzw. wenig, dass man nach spätestens einer Woche auf jeden Fall ran muss.

Krankheiten:

Seit etwa 2-3 Jahren wird immer wieder über ein plötzliches Versterben von überwiegend subadulten und adulten Weibchen von vielen verschiedenen brombeerfressenden Arten berichtet. Gerade im Sommer passiert das häufig. Allen gemeinsam ist, dass die Tiere komplett hohl sind. Es befinden sich augenscheinlich keine Feuchtigkeit und keine Organe mehr in den Tieren. Das kann man auch schon zu Lebzeiten erkennen. Wenn man geschwächte Tiere hat, kann man diese einfach mit einer starken kalten Lichtquelle (Licht am Handy z.B.) durchleuchten. Gesunde Tiere lassen sich nicht durchleuchten, kranke Tiere sind augenscheinlich leer. Bislang gibt es leider nur Vermutungen und keine wissenschaftlich gesicherten Ursachen. Wenn man aber die Fälle miteinander vergleicht fällt auf, dass es nur Arten betrifft, deren Futter aus der freien Natur entnommen wird und fast nur im Frühjahr und Sommer, im Herbst und Winter nur selten bis gar nicht. Das Krankheitsbild (leerer Körper, keine Feuchtigkeit, keine Organe) ist bekannt als Wirkprinzip des Giftes, welches gegen den Eichenprozessionsspinner flächendenkend ausgebracht wird. Die Raupen gehen an genau denselben Symptomen ein. das Gift ist eigentlich kein Gift, sondern Mikroorganismen, die die Tiere von innen auffressen. Daher steht die Vermutung im Raum, dass der Tot der Phasmiden durch diese Mikroorganismen verursacht wird. Mit dieser Erkenntnis habe ich reagiert und verwende nur noch Futter aus Gegenden, die mit Sicherheit nicht gespritzt werden oder eben Alternativfutter wie Salal. Ergebnis, bisher kein weiterer Todesfall.